cultur-tupfer - Kultur im Krankenhaus

Wenn Kultur auf Krankenhaus trifft

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Wenn Kultur auf Krankenhaus trifft
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Gancer und die Klinikclowns 1

Als Gründer des Klinikvereins „cultur-tupfer“ e.V. ist Ewald Gancer mit der Bundesverdienstmedaille ausgezeichnet worden

Lachen ist die beste Medizin, sagt der Volksmund. Aber: Gibt es im Krankenhaus überhaupt etwas zu lachen? „Ja“, lautet Ewald Gancers klare Antwort, und deshalb hat er im Oktober 1998 die Initiative „cultur-tupfer“ am Klinikum Lippe gegründet. Seit dem ist Gancer, der im Pflegedienst des Klinikums in Detmold tätig ist, den Patienten häufig durch seine Rolle als Organisator von zahlreichen Ausstellungen, Konzerten und anderen Kulturprojekten bekannt. Für sein Engagement hat er am Wochenende die Bundesverdienstmedaille erhalten.
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Gancer Bundesverdienstmedaille
Ewald Gancer und Landrat Dr. Axel Lehmann

„Wenn der Landrat einem so eine Auszeichnung überreicht, ist das schon etwas Besonderes“, sagt Gancer. „Das bedeutet eine Anerkennung über das Klinikum hinaus.“ Trotzdem wäre es nicht sein Ding, die Anstecknadel, die für den Alltag gedacht ist, ans Revers zu stecken. „Ich will das nicht zur Schau stellen“, sagt Gancer bescheiden. Aber nicht ohne Stolz nennt er ein paar Kennziffern aus den vergangenen 19 Jahren: „Seit 1998 hatten wir 2.237 Veranstaltungen mit insgesamt 60.425 Gästen.“

Die Erfolgsgeschichte des Vereins „cultur-tupfer“ begann mit einem Zeitungsartikel. Ewald Gancer las von der Initiative Kultur „ImPulse“ an der Uniklinik Münster, und die Idee begeisterte ihn so sehr, dass er Kontakt zu den Organisatoren aufnahm und sich dort eine Veranstaltung anschaute. Mit den Anregungen im Gepäck suchte er Mitstreiter im Klinikum Lippe − mittlerweile sind es 65 − und so kam es im Herbst 1998 zur ersten Veranstaltung mit dem Posaunenchor Hiddesen.

Schnell kamen die ersten Ausstellungen im Foyer dazu, und die wöchentliche Konzertreihe „SonnTakte“ etablierte sich. Für Gancer war und ist es besonders wertvoll, für sein Ehrenamt stets direkte Rückmeldung zu bekommen: „Am nächsten Tag sprechen mich viele Patienten und Kollegen darauf an und sagen mir, ob es ihnen gefallen hat.“ Während seiner Nachtdienste hat er schon oft beobachtet, wie Patienten sich ganz in Ruhe die Ausstellungen anschauten.

Ganz besonders erinnert er sich an den 11. September 2001: Nach den Anschlägen auf das World Trade Center, spielte ein New Yorker Gitarrist im Beetsaal. Es seien zwölf Zuschauer dagewesen. Der Musiker und die Veranstalter seien sich einig gewesen, dass sie sich von Terroristen nicht stoppen lassen wollten. Und so wurde der Abend zu einer denkwürdigen Veranstaltung für den Klinikverein.

Trotzdem hat Kunst im Krankenhaus ihre Grenzen: Während die Bilder im Foyer auch einmal provokanter sein dürfen, achten Gancer und seine Mitstreiter auf den Stationen darauf, dass die Bilder eher dekorativ anmuten. „Auf den 19 Stationen mit Ausstellungen sind wir nah am Krankenbett. Da muss man behutsamer vorgehen“, erzählt er.

Durch die Kulturarbeit hat er das Detmolder Klinikum noch einmal von einer anderen Seite kennengelernt. In vielen unterschiedlichen Räumen hat es schon Musik, Theater und Lesungen gegeben. Und dabei gilt es Einiges zu beachten: „Wir brauchen immer offene Räume, weil kranke Menschen entscheiden müssen können, ob sie spontan dazu kommen möchten oder eher wieder gehen, weil sie müde sind.“ Gerade deshalb sei das Foyer so beliebt, aber auch die neue Magistrale in der Familienklinik mit dem offenen Treppenhaus.

In einer Kulturstadt wie Detmold haben Gancer und sein Team keine Probleme, die Veranstaltungen mit guten Künstlern zu bestücken. Im Gegenteil: Oft bekommen sie mehr Anfragen, als sie annehmen können. Das Landestheater Detmold hat bereits Theatermatineen im Klinikum veranstaltet, und durch zahlreiche andere Kooperationen kommen die „cultur-tupfer“ auf immer neue Ideen. Zwei Jahre lang – zwischen 2003 und 2005 – gab es sogar das Klinikradio „Tupfer Töne“. „Aber wir mussten feststellen, dass der Fernseher eine zu große Konkurrenz für uns war“, räumt Gancer ein. Dauergäste sind hingegen die Klinikclowns: Jede Woche machen Sie Späße auf den Stationen und bilden damit auch finanziell die größte Herausforderung für den gemeinnützigen Verein.

Sogar einen eigenen Klinikchor „SympTöne“ haben die kulturbegeisterten Mitarbeiter mittlerweile gegründet. Als nächstes sollen die Decken in den OP-Wartesälen bunt gestaltet werden, um den Patienten das Warten so angenehm wie möglich zu machen.

„Es ist unbestritten, dass Freude hilft, schneller und besser gesund zu werden“, meint Gancer. „Unser Verein trägt mit seinen Veranstaltungen zur Gesundung erwachsener Patienten und Kinder bei, in dem er Alternativen für die Krankenhausfreizeit schafft. Kultur im Krankenhaus ist Ablenkung, regt die Phantasie an und überbrückt Langeweile.“

Aller Veranstaltungen und Infos unter www.cultur-tupfer.de